1.2.06

„Der Herzschrittmacher“: ID Pool # 32


Ein Monat ist dahin, ein Zwölftel des Projektes ist auf den Weg gebracht und bisher habe ich keinen Tag ausgelassen.
Mir scheint, die Kontinuität ist dann auch das einzige Bindeglied zwischen den Einträgen, sämtliche angelegten und ausgedachten Strukturen und Dramaturgien sind den Gesetzmäßigkeiten des Bloggens erlegen.
Das Vorhaben hat sich zu einer Sucht entwickelt, die jeden Tag ihren Tribut fordert. Der Blog ein elektronisch geschulter Vampir stürzt sich auf mich, loggt sich in meine Nervenbahnen ein und zapft so viel er braucht.
Mittlerweile bin ich Fachmann für Internetcafé und muß feststellen, dass ein Teil unserer Gesellschaft ein Leben vor den Bildschirmen in diesen Spelunken bevorzugt.
Es sind Postämter für rastlose Reisende wie mich.
Auch Einheimische (mit Computer), die in der Nähe eines Internetcafés leben, erkennen andere klare Vorteile : man darf rauchen und bekommt seinen Kaffee an den Platz gebracht. Die Betreiber sprechen meist Türkisch, es riecht nach kaltem Rauch und zuweilen hört man aus den Kabinen nebenan seltsame Sprachen, die überhaupt nur noch in den Internetcafés (die auch Telefonie anbieten) gesprochen werden.
Netzwerkspiele, LAN-Partys, Chatten, und sonstiger Techno-Kram eine Welt für sich. Die Errungenschaften prasseln wie heißer Sommerregen auf uns Neandertaler, die wir kaum den aufrechten Gang gelernt haben.
Eigentlich das Ideale Ambiente, um den Leuten über die Schulter zu schauen, was machst du so? Aber solche altmodischen Kennenlernrituale gibt es nicht mehr, man schreibt lieber eine Mail an einen Wildfremden und schaut was sich daraus entwickelt, auch wenn der Adressat 800 km weit weg wohnt. Falls es Beziehungen gibt, die aus Begegnungen im Internetcafés hervorgegangen sind, dann bitte berichten...
Kann man über das Bloggen einen Dokumentarfilm machen, frage ich mich? Ist das Internet überhaupt in einem Film gewürdigt worden?