1.3.06

"Musikergeschichten": ID Pool # 62


Durch Bandgedanken von Etosha angeregt, hier meine Musiker-Geschichte:

Mein erster Versuch eine Band zu finden war recht kryptisch. Ich gab im Sperrmüll (anderswo nennt man die gleiche Zeitung "Zweite Hand") eine Anzeige auf:
"May the force be with you". Woher überhaupt jemand darauf kam, dass es sich um ein Musikergesuch handelte, ist mir heute schleierhaft. Jedenfalls meldeten sich diverse Menschen, mit denen ich dann sogenannte Sessions abhielt. Mein Schlagzeug stand in einem Raum mit Bar, zwischen Heizungs- und Getränkekeller, so was hatte man damals für Geburtstage oder ähnliche Feste eingerichtet, wobei es immer zu ungemütlich war, um richtig zu feiern.
Die Musiker, die kamen, waren vorwiegend Gitarristen mit unterschiedlichen Ambitionen. Ein Jazzer, ein HeavyMetaller, ein Krautrocker und diverse andere, die nicht spielen konnten, aber gern mal unter Leute kamen. Ich entschied mich für den HeavyMetallMan, der eigentlich für mich nur Nachteile brachte, da er nicht motorisiert war, mußte ich ihn zum Proben abholen (sic!) und ihm helfen seine Gerätschaften zu schleppen, außerdem war er fast taub und drehte seinen Verstärkerturm immer so weit auf, dass man mein Getrommel kaum hörte. Unsere Gemeinsamkeit hatte nichts mit der Musik zu tun, wir machten beide nur Musik, um unsere Väter zu ärgern, wenn nicht gar um sie am Rande des Nervenzusammenbruchs zu sehen.
Olavs Vater war leidenschaftlicher Polizist. So gern er sich als den perfekten Ordnungshüter in der freien Wildbahn präsentierte, so ein leidenschaftsloser Pantoffelheld war er zu Hause. Vergeblich versuchte er seine Ehe zu retten. Olav tat alles dafür, das es keinerlei Chancen auf ein glückliches Ende der Beziehung seiner Eltern gab. Er übte Stunden um Stunden bis die Schmerzgrenze längst überschritten war und falls sich jemand beschweren kam, drohte er damit sein Abitur zu schmeißen, wenn man ihn auch nur eine Sekunde länger daran hinderte seine Akkorde zu üben. Das saß.
Mein Vater stellte sich unter "Musik machen" eine Art Hitparade der Volksmusik in angepaßter Lautstärke vor und schnaubte wie ein Teufel, wenn ich und Olav die Geräte in den Keller schleppten.
Um zehn, stellte er konsequent den Strom ab, weshalb wir nie auf die Uhr schauten, wenn wir in den Probenraum gingen. Das Übernahm mein Vater für uns. Ich konnte mir gut vorstellen, dass er die Sicherung eine halbe Stunde in der Hand hielt, mit knirschenden Zähnen, bevor er sie endlich umdrehte.
Meine Mutter erzählte mir in einer Mischung aus Vorwurf und Verzweiflung, wie sehr er während der Probe geschimpft hatte.
Mit mir redete er wenig über meine musikalischen Ambitionen, es fielen nur so Sätze wie "Soll das Musik sein!" und dergleichen.
Olav und ich übten unbeirrt weiter und machten überhaupt keine Anstalten, uns auf solche Diskussionen überhaupt einzulassen. Mit bescheidenen Mitteln bastelten wir an unseren Eigenkompositionen, da wir spätestens beim ersten Zusammenspiel feststellten, dass wir nur "Smoke on the water" beide gut genug kannten, um zumindest bis zum ersten Refrain zu kommen. Was uns fehlte, war ein Stückeschreiber und Sänger, den wir schnell über eine weitere Anzeige fanden.
"Maus" war eine Art Vorläufer von Grönemeyer. Er saß hinter seinem Elektroklimperkasten und raunzte unverständliche Texte in sein Mikro.
Als wir dann auch noch einen Bassisten gefunden hatten machten wir uns an eigene Stücke. Das erste Konzert in Landau am 24.5.1986 im Otto-Hahn-Gymnasium als Vorband der stadtbekannten "Friedrich Kollermann" war ein echter Anheizer für die Musikerlaufbahn. Ich war so aufgeregt, dass ich die 7 Stücke doppelt so schnell spielte, um eher fertig zu werden.
Ich könnte noch zwei Stunden weiterschreiben, aber den Rest hebe ich mir für meinen (pseudo-)autobiographischen Roman auf.
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