19.1.06

"Schock und Schmerz" ID Pool # 19


Leider ist der Hof meiner Großeltern gestern wieder Schauplatz eines Unfalls (siehe Hühnerleiter) geworden. Es gibt Dinge, von denen möchte man nicht, dass sie einem passieren und dennoch gibt es die Gewissheit, dass sie zuweilen geschehen.
Meine Großmutter (ganz links im Bild) hatte technische Schwierigkeiten mit einem Gerät, dass sie seit 30 Jahren jeden Tag benutzt: ihrem Häcksler, einem Futterzerkleinerer (ja, meine Oma hält sich noch Hühner, deren Eier die besten sind).
Der Riemen will nicht so, wie sie will, sie will ihn greifen, um das Problem zu lösen und plötzlich zieht die Maschine ihre rechte Hand hinein. Geistesgegenwärtig befreit sie sich aus dem Antrieb, schaltet die Höllenmaschine ab, wickelt die Hand in ein Tuch und läuft zum Telefon. Sie will ihre Hausärztin verständigen, die ist aber in Berlin zum demonstrieren (18.1.06) oder nicht da (Mittwoch), also ruft sie meine Mutter an, die in 5 Minuten bei ihr sein will.
Was ein Schock bedeutet: während sie stark blutet, scheint ihr Schmerzzentrum ausgeschaltet, sie geht ihre Tasche packen "das mir das passieren muß", so wie das ordentliche alte Damen tun: die Karte der Krankenversicherung, ein wenig Bargeld stopft sie hinein. Das Tor muß für die heraneilende Tochter geöffnet werden.
Ein komisches Warten – fünf Minuten können lang sein. Da ist sie endlich. Die gemeinsame Fahrt ins Krankenhaus. Die Auskunft, dass die Operation hier nicht stattfinden kann. Die Schmerzmittel. Die Fahrt im Krankenwagen nach Ludwigshafen/Oggersheim in die 50 Kilometer entfernte Unfalllklinik.
Am Abend ist es Gewißheit, drei Finger können nicht gerettet werden! Drei Finger!
Sollte ich mit 84 noch so fit, willensstark und geistesgegenwärtig sein wie meine Oma, dann... ?
Wahrscheinlich wäre ich neben dem Häcksler verblutet.
Von Wegen "Aussieben in Friedenau!", da hat mich die Realität eingeholt mit all ihrem Schrecken!
Ich erwarte keinen Kommentar, aber vielleicht kann ich ihr ein paar Grüße bestellen "Liebe Frau Thalmann,..."?